Northeim (lpd). Landrätin Astrid Klinkert-Kittel hat sich jetzt zum Thema Armut geäußert und klar gemacht, dass sie der Thematik künftig mehr Aufmerksamkeit widmen will. „Armut ist in einem reichen Land wie Deutschland und auch im Landkreis Northeim Realität“, so die Landrätin.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren eine Periode erlebt, die durch die gute wirtschaftliche Entwicklung geprägt war. Die Zahl der Menschen ohne Arbeit hat sich auf ein Niveau zurückentwickelt, wie es über drei Jahrzehnte nicht der Fall war. Dadurch sei der Eindruck entstanden, dass der damit einhergehende Wohlstand in allen Bevölkerungsschichten angekommen ist. Bei genauem Hinsehen stelle man jedoch fest, dass dies zwar für den überwiegenden Anteil der Bevölkerung, aber nicht für alle gilt.

„Im Normalfall reicht es zwar zum Überleben. Aber oftmals nicht zum eigentlichen Leben, wie wir es in einer zivilisierten Gesellschaft verstehen“, so Landrätin Klinkert-Kittel weiter. Wer arm ist, kann an Vielem nicht teilhaben. Armut kann sich auf Bildung, Arbeit und Gesundheit auswirken. „Das darf nicht sein, dass gilt es zu ändern“, so Klinkert-Kittel.

Armut werde immer noch allzu oft vererbt. Diesen Kreislauf gelte es zu durchbrechen. Denn Kinderarmut sei immer und zuerst Einkommensarmut und damit Familienarmut. Eine begrenzte soziale Teilhabe von Eltern bedeute gleichzeitig eine reduzierte Kinder-und Jugendwelt. Ganz wichtig seien gute und gleiche Chancen. Von Beginn an: in der Kita, im Kindergarten, in der Schule.

Es gibt aber auch viele ältere Menschen, die von Armut bedroht sind, oder bei denen die sog. Altersarmut bereits eingetreten ist. Wissenschaftlich nachgewiesen sind Zusammenhänge zwischen Altersarmut und schlechterer Gesundheit, eine insgesamt geringere wie auch kürzere gesunde Lebenserwartung, schlechteren Wohnverhältnissen oder einem geringeren Versorgungsgrad mit Zugang zu hochwertigen gesundheitlichen oder anderen sozialen Diensten, eingeschränkter Mobilität und Vereinsamung als Folge einer mangelnden Teilhabe am sozialen sowie kulturellen Leben.

Um Armut erfolgreich abzumildern, möchte Landrätin Astrid Klinkert-Kittel für die verschiedenen Betroffenen jeweils passgenaue, nicht stigmatisierende Angebote und Instrumente entwickeln. Hierzu werde eine aussagekräftige Datengrundlage gebraucht. Landrätin Klinkert-Kittel setzt dazu auf eine Kooperation mit der Hochschule Harz und möchte das maßgebliche Datenmaterial durch Studierende im Rahmen einer Projektarbeit erstellen lassen. Auf dieser Grundlage könnten dann bis zum Sommer 2020 Vorschläge entwickelt werden, die unter Beteiligung der kommunalen Akteure in den nächsten Jahren in die Umsetzung gebracht werden.

Unabhängig davon wird sich der Landkreis Northeim um die Teilnahme an dem Modellprogramm Aktiv (F) bewerben, um die Lebenssituation von Familien und ihren Kindern, die von Ausgrenzung und Armut bedroht sind zu verbessern. Mit einem maximalen Förderbetrag von 2,5 Mio. Euro steht die Gruppe der alleinerziehende Frauen und Frauen mit Migrationshintergrund im Fokus des Förderprogramms. Sie sollen Unterstützung zur Aufnahme einer auskömmlichen Beschäftigung und zur Annahme von lokal und regional vorhandenen Hilfsangeboten, einschließlich Sozialleistungen, erhalten.

Mit dem ehrenamtlich organisierten Angebot der Tafelläden im Landkreis Northeim werden regelmäßig mehrere 1000 bedürftige Menschen mit Lebensmitteln versorgt. Viele Arbeitsschritte, angefangen vom Abholen der Lebensmittel von den Supermärkten über das aussortieren von noch verwendbaren Lebensmitteln und das platzieren dieser Produkte im Tafelladen sind erforderlich. Einige Lebensmittel müssen gekühlt gelagert werden, nicht verwendbare Lebensmittel müssen entsorgt werden. Für diese Dinge entstehen den Tafelläden regelmäßig Aufwendungen, die derzeit immer wieder mühsam über Spenden gedeckt werden müssen. Für die ehrenamtlich organisierten Tafelläden im Kreisgebiet soll es daher künftig eine verlässliche Grundfinanzierung von 5.000 Euro pro Jahr aus dem Kreishaushalt geben.

Verstärken will der Landkreis auch seine Bemühungen, die Menschen aller Altersklassen im Kreisgebiet rechtzeitig über bestehende Ansprüche aufzuklären. „Damit diese entweder die Möglichkeit haben, erkennbare spätere Versorgungslücken rechtzeitig zu schließen oder im Fall von bereits bestehenden sozialen Notlagen entsprechende Hilfsangebote zu erhalten“, so Astrid Klinkert-Kittel. Wichtig sei es dabei zu den Personen zu gelangen, die bislang nicht oder nur sehr eingeschränkt zu erreichen waren. Der Landkreis wird daher künftig auf deutlich mehr individuelle persönliche Ansprache vor Ort setzen.

Ihre Vorschläge zum Thema Armut hat Landrätin Astrid Klinkert-Kittel außerdem in einer Drucksache für den nächsten Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen, Familie und Senioren zusammengefasst. Auch das Thema Bildung und Teilhabe wird Gegenstand der Sitzung sein. Denn auch dort will der Landkreis darauf hinwirken, dass die Leistungen deutlich stärker als bislang von den berechtigten Personen in Anspruch genommen werden.

„Ganz besonders wichtig ist mir für das Thema Armut noch mehr als bislang zu sensibilisieren“, stellt Landrätin Astrid Klinkert-Kittel in einem Fazit fest. Dabei hebt sie hervor, dass die öffentliche Hand nur einen Teil dazu beitragen kann, Armut vorzubeugen oder diese abzumildern. „Aber genau diesen Teil können wir nach meiner Vorstellung noch intensivieren“.

Foto: Landkreis Northeim