Uslar (red). Als im Herbst 1918 die Meuterei der deutschen Matrosen eine nationale Revolution auslöste, fühlten sich viele Bewohner des Weserberglands überrollt. Die weise Fredelsloher Bäuerin Engelchristine (1838-1923) zum Beispiel war verzweifelt. „Der Kaiser das Land verlassen, alle anderen Fürsten abgesetzt und Soldaten und Arbeiter auf ihren Thronen. Das begriff mein einfältiger Verstand nicht mehr“, diktierte die betagte Dorfchronistin ihrem Sohn August. In Kleinstädten wie Einbeck, Holzminden und Uslar dagegen fanden große Volksversammlungen statt, auf denen Arbeiter- und Soldatenräte gewählt wurden, welche die Verantwortung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bis zur Wahl demokratischer Selbstverwaltungsorgane übernahmen. In Einbeck wurde der gelernte Weber Friedrich Lohmann zum Vorsitzenden dieses Gremiums gewählt. Er vertrat auch im Dezember 1918 die A.- und S.-Räte des 11. Hannoverschen Wahlkreises auf dem Reichsrätekongress in Berlin.

Mit der sozialen und politischen Entwicklung des Weserberglands in den Jahren 1918 bis 1923 beschäftigt sich eine große Wanderausstellung, welche das Museum Uslar vom 25. Januar bis zum 19. Mai 2019 präsentiert. Dieses Gemeinschaftsprojekt der Museen und Stadtarchive von Hann. Münden, Alfeld und Uslar zeichnet anschaulich anhand zahlreicher lokaler Beispiele den Prozess der Demokratisierung des deutschen Obrigkeitsstaats im ländlichen Raum nach. So fanden Versammlungen der politischen Partien auch in kleinen Orten statt. In Dörfern wie Silberborn und Sievershausen gründeten Tagelöhner, Holzfäller und Fabrikarbeiter sozialdemokratische Ortsvereine. Die Waldarbeiter des Sollings organisierten sich erstmals in einer Gewerkschaft und setzten im März 1919 durch einen Streik Lohnerhöhungen durch. Der von der Revolutionsregierung eingeführte Acht-Stunden-Tag leitete eine Blütezeit der Kultur- und Sportvereine ein. Überall gründeten junge Männer zu Beginn der 1920er Jahre Fußball-Clubs.

Ein besonderer Bereich der Ausstellung ist den Frauen gewidmet, die 1919 zum ersten Male an Wahlen teilnehmen konnten und davon auch regen Gebrauch machten. Die Einbecker Hebamme Regine Leifhold wurde sogar zur Bürgervorsteherin gewählt. Ausführlich geht die Ausstellung nicht zuletzt auf die paramilitärischen Verbände der Gegenrevolution ein, die bald gegen die junge Republik aufmarschierten. So frönten die teilweise bewaffneten Mitglieder des Veteranenverbandes „Stahlhelm“ dem Wehrsport und probten bald den Aufstand.

Uslars Bürgermeister Torsten Bauer wird die Ausstellung am Freitag, den 25. Januar 2019 um 17.00 Uhr im Alten Rathaus eröffnen. Dr. Daniel Althaus und Dr. Wolfgang Schäfer werden das das Projekt vorstellen. Für die musikalische Umrahmung sorgen Marina und Kurt Peschanel. 

Weitere Informationen sind bei Dr. Althaus, Stadtarchiv Uslar, Tel. 0 55 71/307-142, oder per E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erhältlich.

Foto: Stadtarchiv Uslar