Northeim (red). Das war ein gelungener Testlauf für den Ernstfall: Rund 100 Kräfte der Feuerwehren haben am Samstag mit den Niedersächsischen Landesforsten einen Waldbrand im Hutewald im Solling simuliert - und nehmen vielfältige Erkenntnisse aus der Übung mit.
Die Ausgangslage: Der Hutewald im südwestlichen Zipfel des Landkreises Northeim ist ein im Jahr 2000 begonnenes Projekt, das auf über 200 Hektar Fläche Heckrindern und Exmoorponys eine Heimat bietet. Die Tiere sollen den historischen Hutewaldbestand pflegen. Ein Problem sind jedoch Brombeeren, die sich stark ausbreiten und anderen Pflanzen so den Lebensraum.
Die Brombeerbeseitigung durch Feuer ist historisch überliefert, wie Revierförster Tobias Kiens vor Ort berichtet. Dieses Feuer haben Experten des Waldbrandteams sowie der Kreisfeuerwehr am Wochenende kontrolliert in vorab festgelegten Bereichen gelegt. Durch diese Aktion konnten gleich mehrere Ziele erreicht werden. Die Landesforsten haben die Übung wissenschaftlich begleiten lassen, um neue Erkenntnisse über Feuer zur Brombeereindämmung gewinnen zu können. Erste Untersuchungen vor Ort zeigen, dass die Verbuschung reduziert werden konnte und durch Flammen und Hitze Brombeeren abgestorben sind. Parallel dazu konnte die Kreisfeuerwehr mit dem Wassertransportzug West sowie der Kreisfeuerwehrbereitschaft 1 die Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung üben. Erstmals zum Einsatz kam dabei ein sogenanntes „Utility-Task-Vehicle“, kurz UTV, das in Kürze offiziell beim Landkreis in Dienst gestellt wird und den Transport von Personal und Material in unwegsamem Gelände ermöglicht. Die Firma Northdocks als Kooperationspartner der Kreisfeuerwehr in Sachen „Virtual Reality“, kurz VR, konnte vor Ort Daten zu Gerätschaften und Einsatztaktiken bei der Vegetationsbrandbekämpfung sammeln. So wird perspektivisch eine noch bessere VR-Ausbildung der Einsatzkräfte möglich. Neue, moderne Technik konnte die Technische Einsatzleitung Bad Gandersheim zum Einsatz bringen: Die Kräfte haben im Hutewald,in dem es keinerlei Handyempfang gibt, erstmals ihre neue Satellitenkommunikation testen können. Die TEL stand so im ständigen Austausch mit dem Stab der Kreisverwaltung sowie dem Stab Flächenlagen der Kreisfeuerwehr, jeweils stationiert in der Kreisstadt. Das Berliner Unternehmen Qntrol sowie die Fachgruppe Öffentlichkeitsarbeit und Bevölkerungswarnung haben vor Ort bodengebunden und aus der Luft Livebilder gesammelt. Das Material wurde vor Ort mittels mobiler Schnittplätze abgemischt und in die Stäbe in Northeim übertragen. Hier kamen ebenfalls Satellitenkommunikation und Funkstrecken vor Ort zum Einsatz. Die Technische Abwicklung im Stab Flächenlagen in Northeim hat ebenfalls die Technische Einsatzleitung übernommen. Mit dieser neuen Technik können bei Großschadens- und Katastrophenlagen künftig Bilder zur Lagebeurteilung und Entscheidungsfindung in die Katastrophenstäbe übertragen werden.
„Eine Übungslage, in der wir parallel derart viele Systeme, Fahrzeuge, Geräte und auch das Personal testen, stellt eine absolute Ausnahme dar, zeigt aber zugleich, welches Tempo wir momentan in Sachen Bevölkerungs- und Katastrophenschutz auf die Straße bringen“, sagt Kreisbrandmeister Marko de Klein. Das Jahr 2022 sei mit seinen Wald- und Vegetationsbränden beispiellos gewesen. „Umso wichtiger ist es, dass wir schon jetzt, vor der Waldbrandsaison, Abläufe weiter trainieren und unsere Konzepte weiter anpassen.“ Die enge Zusammenarbeit mit den Landesforsten sei dafür unerlässlich.
Insgesamt waren über knapp sieben Stunden das Waldbrandteam e.V., der Wassertransportzug West, die Kreisfeuerwehrbereitschaft 1, die Kreisfeuerwehrbereitschaft 4, die Technischen Einsatzleitungen des Landkreises, die Fachgruppen Information und Kommunikation und die Fachgruppe Öffentlichkeitsarbeit und Bevölkerungswarnung mit rund 100 Kräften im Einsatz. Gleich mehrere Fernsehteams haben die Großübung am Wochenende begleitet.
Foto: Christian Vogelbein