Sievershausen. Am Anfang stand die Diagnose „Akute Myeloische Leukämie - kurz AML!“. Das ist jetzt über zehn Jahre her.
Als feststand, dass eine Chemo-Therapie alleine nicht ausreichen würde und ich auf eine Stammzelltransplantation angewiesen war, wurde die Suche nach einem geeigneten Fremdspender eingeleitet. Im Familien- und Bekanntenkreis wurde mithilfe der DKMS eine Initiativgruppe gegründet, damit konnten weitere Helfer für eine großangelegte Typisierungsaktion mobilisiert werden.
Etliche Vereine, Verbände, Betriebe und Privatleute, sowie Hausärzte und Arzthelferinnen halfen 2013 dabei, dass diese Aktion in Dassel ein voller Erfolg wurde. Viele neue potentielle Spender gingen daraus hervor und eine beachtliche Geldsumme deckte die anfallenden Laborkosten. Fast zeitgleich ließ sich mein Spender bei einer Blutspendeaktion typisieren. Nach wenigen Wochen bekam er Post von der deutschen Stammzelldatei (DSD) mit der Bitte eine „Feintypisierung“ vornehmen zu lassen. Danach stand fest, dass alle Merkmale überein stimmten.
Trotz des Aufatmens seinen genetischen Zwilling gefunden zu haben, war dies nicht die Garantie auf Heilung – aber eine ganz große Chance! Im März 2013 erfolgte die Hochdosis-Chemotherapie, die der Stammzelltransplantation vorausging. Die Zeit in der Uniklinik Göttingen war sehr hart, ich habe viele Menschen und ihre Schicksale kennengelernt. Leider sind auch einige von ihnen gestorben. Wer jemals auf einer Krebsstation gelegen hat, weiß, wovon ich spreche.
Aber es gibt auch Hoffnung. Menschen, die sich typisieren lassen und im Fall einer angeforderten Stammzellspende diese auch durchziehen, sind so eine Hoffnung. Ehrlicherweise sollte jedem klar sein, dass dafür ein „Wattestäbchen“ nicht ausreicht. Mein Spender musste sich für eine kurze Zeit ein Medikament spritzen, dass die Produktion der Stammzellen anregte. Zur Entnahme ging es dann in eine Klinik, bei der zwei Schläuche an den Venen einen Blutkreislauf bildeten, bei dem die Stammzellen herausgefiltert wurden. Er machte diese Prozedur relativ zügig ab und sagte mir mal, dass er dies auch jederzeit wieder tun würde. Nach zwei Jahren hatte ich dann die Möglichkeit, meinen Spender kennenzulernen. Zwei Jahre Kontaktsperre deshalb, weil diese Zeit noch sehr kritisch ist und Rückschläge nicht ausgeschlossen werden können.
Nach ersten Telefonaten ging es dann 2015 zum Kennenlernen ins Emsland. Seit dem halten wir Kontakt. Inzwischen hat er selbst eine kleine Familie und überraschte mich zu meinem „10. Geburtstag“. Durch Nils habe ich eine zweite Chance bekommen und auch meine Familie. Ich bin ihm sehr dankbar, dass ich meine Jungs aufwachsen sehen konnte und vieles noch erleben darf. Seine Kinder können stolz auf ihn sein, ihr Vater ist ein wahrer Held!
Sandra Fischer und Familie
Sievershausen im Solling
Foto: Inge Schwerdtfeger