Einbeck (red). Wann genau der Atlantische Lachs (Salmo salar) aus den Einbecker Gewässern verschwand, ist leider nicht bekannt. In der Zeit nach Gründung des Fischereivereins vor 100 Jahren gab es ihn aber schon nicht mehr – das belegen Fangbücher aus dieser Zeit. Im Zuge der Industrialisierung und der damit einhergehenden Verschmutzung der Gewässer, durch den Bau von Wasserkraft- und Stauanlagen sowie den in großem Stil durchgeführten Ausbau der Flüsse und Bäche war der Atlantische Lachs, wie viele andere Fischarten, spätestens Mitte des 20. Jahrhunderts aus den meisten Flüssen verschwunden. Auch die kürzlich in aktualisierter Fassung erschienene „Rote Liste der Süßwasserfische, Rundmäuler und Krebse“ in Niedersachsen führt den Lachs nach wie vor als „vom Aussterben bedroht“. Seit den 1990er Jahren liefen in Deutschland mehr und mehr Projekte der organisierten Angelfischerei an, um den Lachs wieder zurückzuholen. Auch wenn sich Erfolge nur langsam einstellten, waren und sind diese Anstrengungen wichtige Zugpferde auf dem Weg hin zu einer verbesserten ökologischen Durchgängigkeit und zu mehr Naturnähe der Fließgewässer.
Im Jahr 2001 schlossen sich zwölf Angervereine entlang der Leine und ihren Nebengewässern zum Verein Leine-Lachs e.V. zusammen. Ziel war und ist der Wiederaufbau eines sich selbst erhaltenden Lachsbestandes im Einzugsgebiet der Leine. Insbesondere die Fließgewässer rund um Einbeck bieten hervorragende Voraussetzungen dafür, dass das Laichgeschäft der Lachse erfolgreich sein kann. Durch die stetig steigende Zahl von Mitgliedsvereinen auf mittlerweile 33 und den kontinuierlichen Besatz von Jungfischen, zunächst aus Dänemark (diese sind dem ehemaligen Leinelachs-Stamm genetisch am ähnlichsten), später von eigenen Rückkehrern, konnten bis heute etwa 1,5 Millionen Individuen in der Leine und ihren Zuflüssen ausgesetzt werden. Eine Übersicht der im Leinesystem und anderen Gewässern in Deutschland ausgesetzten Lachse und auch Meerforellen bietet die Datenbank des Vereins „Wanderfische ohne Grenzen e.V.“ auf der Internetseite www.wanderfische.eu.
Kürzlich haben Mitglieder des Einbecker Fischereivereins und seiner Jugendgruppe erneut etwa eintausend junge Lachse in den Einbecker Gewässern verteilt. Finanzielle Unterstützung kam dabei von der Allianz Umweltstiftung, vertreten durch Michael Dimke und Iris Sprecher. Der Sportanglerverein Bad Gandersheim-Kreiensen e.V. unter der Leitung von Uwe Pfaff (1. Vorsitzender) beteiligt sich ebenso an dem Lachsprojekt. Pfaff und sein Team holten am frühen Morgen die Fische im Norddeutschen Lachszentrum in Gronau ab und brachten sie anschließend nach Einbeck.
Durch den Fischereiverein Einbeck werden die Ilme und das Krumme Wasser jährlich mit einer gewissen Zahl halbjähriger Lachse, den sogenannten Parrs, besetzt. Diese bleiben zunächst ein bis zwei Jahre in ihrem „Kinderzimmer“, bis sie etwa 20 cm groß sind. Danach wandern sie flussabwärts in Richtung Meer. Wenn sie diesen Teil ihrer Lebensreise meistern, gelangen sie auf ihren Streifzügen bis in die Gewässer vor Grönland, um dann nach weiteren zwei bis drei Jahren als ausgewachsene und laichreife Tiere wieder zurück in ihre Heimatgewässer zu wandern. Sofern sie den Aufstieg zu den Laicharealen schaffen, sorgen sie dort für die nächste Generation. Wie alle Lachsfische vergräbt auch der Atlantische Lachs seinen Laich im Spätherbst in einer vom Weibchen geschlagenen Laichgrube im gut durchströmten, lockeren Kies. Die Larven schlüpfen je nach Wassertemperatur nach etwa zwei Monaten.
Insbesondere die Wasserkraftanlagen und Stauwehre im Verlauf der Leine und Weser bereiten den Fischen (nicht nur dem Lachs) nach wie vor große Probleme. Die Funktionsfähigkeit der vorhandenen und meist als Minimallösung ausgelegten Fischauf- und -abstiegsanlagen zur Passage der Wehre oder zur Umgehung der Turbinen lässt sehr zu wünschen übrig. Hier ist noch einiges zu tun und dieses Wiederansiedlungsprogramm kann nur Erfolg haben, wenn es langfristig angelegt wird. Bis dahin müssen noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um die Europäische Wasserrahmenrichtlinie endlich wirksam umzusetzen. Denn das sauberste Wasser genügt nicht, wenn der Lebensraum weder erreichbar noch vorhanden ist.
Foto: Eikenberg