Northeim (red). Nicht nur mit leeren Worthüllen, sondern mit echten Inhalten feierte die BBS 1 Northeim Europa-Schule den Europaprojekt-Tag, der in diesem Jahr wegen der anstehenden Europawahl auf den 6. März vorverlegt wurde. In Form einer Diskussionsrunde zusammen mit der Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Goslar/Northeim/Osterode, Frauke Heiligenstadt, hatten fünf verschiedene Klassen der Schule Gelegenheit, an dem Tag Fragen loszuwerden und nebenbei auch viele Informationen über den Alltag einer Berufspolitikerin zu erhalten. Organisiert wurde die Veranstaltung von den beiden Politiklehrern Olaf Ansorge und Dominik Franke, die die Diskussionsrunde leiteten.

Schulleiter Peter Beushausen richtete zum Auftakt deutliche Worte an das Plenum: „Was bei immer mehr wahrnehmbaren rechtsextremen Tendenzen auch in unserer Region Mut macht und zeigt, dass Northeim bunt ist und viele Menschen hier für Solidarität und gegen Rechtsextremismus stehen, waren die Demonstrationen auf dem Münsterplatz, die den Eingang zum Bürgersaal symbolisch schützten. Eine Rednerin, die sich dort gegen jegliche Form von Rassismus, Diskriminierung und Angriffe auf Grund- und Menschenrechte einsetzte, war die Bundestagsabgeordnete Frau Heiligenstadt aus unserem Wahlkreis." Europa sei zur Demokratiewahrung und auch im Hinblick auf den Ukrainekrieg vor den Toren Europas wichtiger denn je. Dem schloss sich die Bundestagsabgeordnete gleich zu Beginn der Veranstaltung an, verbunden mit einem eindringlichen Appell an die Schüler: „Machen Sie von Ihrem Wahlrecht im Juni diesen Jahres Gebrauch, gehen Sie zur Europa-Wahl – wir müssen Europa demokratisch lassen!“. Für die Europa-Wahl haben bereits Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr das Wahlrecht.

Anschließend hatten die Zuhörer Gelegenheit, ihre vielfältigen Fragen loszuwerden. Dabei stand zunächst das Interesse an dem Berufsbild „Politiker“ im Vordergrund und damit verbunden die Motivation, überhaupt politisch aktiv zu werden, egal ob im Kleinen oder Großen. „Wenn man sich einsetzt, kann man was bewegen“, beschreibt Frauke Heiligenstadt dazu ihre ersten Erfahrungen mit Politik und Ehrenamt als Jugendliche in ihrem Heimatdorf Gillersheim. Ihre inhaltliche Motivation sei ursprünglich stark durch ihren familiären Hintergrund und persönliche Erfahrungen geprägt - der Geldbeutel dürfe den Schulabschluss von Menschen nicht beeinflussen.

Auf die Frage nach ihrer spontanen Assoziation zu Europa antwortete die Politikerin: „Europa ist für mich ein ganz großes Friedensprojekt“. Für die Schülerinnen und Schüler der BBS 1 hingegen bedeutete Europa auf Nachfrage vielfach Freiheit - die Freiheit zu reisen, aber auch freie Arbeitsplatzwahl.

Wie kann man aber den aktuellen Rechtspopulismus in Europa abwenden? Die Tendenzen seien deutlich, meinte Heiligenstadt. Medial seien die demokratischen Parteien aber leider noch nicht gut genug, gerade bei den Kanälen, die Jugendliche ansprechen. Da müsse man nachrüsten und einmal mehr: „Ihr seid wichtig, eure Stimme ist wichtig bei der anstehenden Wahl“.

„Klima und Umweltschutz“ stand als zweites wichtiges Thema des Vormittags auf der Agenda. Die Meinung der Schüler dazu war deutlich: Eine Stimme aus dem Publikum sprach in dem Zusammenhang von der größten Krise der Welt, man tue insgesamt zu wenig. Allerdings könne Europa aber natürlich auch nicht alles alleine richten. „Wir müssen die Weltgemeinschaft mehr und verstärkt auf die Klimaproblematik aufmerksam machen, um gemeinsam ein Ziel erreichen“, so die Meinung der Schülerinnen und Schüler.

Heiligenstadt schloss sich dem an, man müsse mehr tun, dabei die Menschen aber auch mitnehmen. Eine spontane Umfrage unter den Zuhörern ergab, dass die Mehrheit der anwesenden Schülerinnen und Schüler eben doch gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen war. Jeder müsse darüber nachdenken, wo er selbst einen Betrag leisten könne und jeder noch so kleine Beitrag würde zählen.

Europäische Zusammenarbeit könne an dieser Stelle einen sehr positiven Beitrag leisten, durch gemeinsame Ziele und einheitliche Regelungen, z.B. durch die Umstellung auf die sogenannte „grüne Produktion“. Um dabei zu helfen, gebe es ja auch auf die individuellen Bedürfnisse der Länder abgestimmte Fördermittel der EU.

Auf die Frage, was man denn in Europa ändern müsse, sagte Heiligenstadt: „Das Europäische Parlament muss deutlich mehr Rechte bekommen und es sollte dann in der Folge auch den Kommissionspräsidenten wählen. Und wir müssen mehr Rechte abgeben, z.B. kann das Europäische Parlament keine Steuern regeln, diese werden dezentral in den Ländern geregelt.“

Moderator Dominik Franke zog ein positives Fazit nach der Veranstaltung „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni 2024 gemeinsam mit Frau Heiligenstadt und unseren Schülerinnen und Schülern einen lebendigen politischen Diskussionsraum für Demokratie und europäischen Zusammenhalt schaffen konnten. Daher bedanken wir uns ganz herzlich bei Frau Heiligenstadt und den teilnehmenden Schülerinnen und Schüler für den spannenden Austausch“.

Auch im nächsten Jahr werde es an der BBS 1 Northeim definitiv wieder einen Europa-Tag geben.

Foto: BBS