Einbeck (red). Es war beinahe Klubatmosphäre, die in der Art Lounge NEWCOMER herrschte. Coole Klangcollagen, arrangiert von Aiko Okamoto alias DJ Kohlrabi, drangen von Plattentellern und lieferten den perfekten Soundtrack für die hochästhetischen, teils beachtlich großformatigen Fotografien, die die Kasselerin Anja Köhne derzeit in dem Einbecker Kunstraum präsentiert. Eröffnet wurde die Vernissage von KWS Vorstand Dr. Peter Hofmann.
Das Vernissagenpublikum erlebt eine sorgsam komponierte, perfekt auf die Art-Lounge-Räume abgestimmte Fotoausstellung, die allein schon wegen ihrer ungewöhnlichen Hängung – längst nicht alle Werke werden an der Wand präsentiert – ein Hingucker ist. Die Absolventin der Klasse Bernhard Prinz an der Kunsthochschule Kassel schlägt mit dem Arrangement ihrer Arbeiten eine Brücke zwischen klassischer Hängung und Rauminstallation. Ein Setting, das die Galerie gewissermaßen zu einer Bühne werden lässt – und verrät, dass Köhne unter anderem eine passionierte Theaterfotografin ist, die durch ihre intensive Arbeit mit den Spielräumen der darstellenden Kunst ihren Blick für die Inszenierung von Objekten im (Bild-)Raum ungemein geschärft hat.
Der Eindruck des Bühnenartigen setzt sich in vielen von Köhnes Fotografien fort. Oft sind es kaum zu identifizierende Dinge, die Köhne isoliert und mit makelloser Lichtregie inszeniert - etwa verfremdend arrangierte Bestandteile ihres Fotoequipments oder die Oberfläche eines Hühnereis in derart monumentalem Abzug, dass der Betrachter eine zerfurchte Planetenoberfläche zu erkennen meint.
„Die Gloria der Fotografie konzipiert zugleich ihr Elend“, formulierte Kunstkritiker Michael Stoeber in seiner Rede und sieht darin den hohen Anspruch an die künstlerische Fotografie begründet. Es gehe nicht darum, nur das aufzunehmen, was sich vor dem Objektiv abspielt. Was den „Fotoknipser“ vom Fotokünstler unterscheide, sei die Inszenierung der Wirklichkeit vor dem Objektiv.
So fragen Köhnes Fotografien nach der Grenze zwischen dem konkreten, greifbaren Objekt und seiner fotografischen Repräsentation. Indem Köhne ihre Fotografien teilweise frei im Raum platziert, werden diese ihrerseits selbst zu Skulpturen und der Betrachter darf darüber grübeln, ob sich – wie in Jahrhunderten Kunstgeschichte geschehen – tatsächlich eine strikte Trennlinie zwischen „Flachware“ und Skulptur, zwischen dem Gegenstand und seiner Abbildung ziehen lässt.
Die Ausstellung „nie Nichts“ von Anja Köhne ist bis zum 12. Mai 2018 zu sehen: mittwochs von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 17 Uhr, freitags von 16 bis 18 Uhr und sonnabends von 11 bis 13 Uhr. Zu „Frühling – Mittendrin. Motorshow & Gartenzauber“ am Sonntag, den 8. April, ist die Art Lounge von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Zwischen 13 und 14 Uhr wird auch die Künstlerin vor Ort sein und für Gespräche zur Verfügung stehen.
Foto: KWS