Einbeck (red). Mit Constanze Böhm und Maximilian Neumann sind zwei künstlerische Positionen in die NEWCOMER KWS Art Lounge eingezogen. Der Flow bestimmt das Tun, ein Wort ergibt das andere, Aktion bestimmt Reaktion: In der Doppelausstellung „Spukhafte Fernwirkung“ werden diese Positionen in Resonanz miteinander gebracht, Gemeinsamkeiten nachgespürt und Einsamkeiten erlaubt. Eine Rauminstallation aus Malerei, Zeichnung, Objekt und Skulptur zeigt die Schnittmenge der gemeinsamen künstlerischen Praxis. Acht an besonderen Orten unter dem Eindruck der dort vorherrschenden Natur entstandene Arbeiten von Maximilian Neumann treffen auf acht innere Landschaften von Constanze Böhm aus der Serie „Feinheit und Freizeit“. Die Ausstellung „Spukhafte Fernwirkung“ ist bis zum 20. Juli in den Räumen der NEWCOMER KWS Art Lounge in der Tiedexer Straße in Einbeck zu sehen.
„Malerei, Keramik und Zeichnung beschäftigen Constanze Böhm sowohl auf der Ebene der realen Materialität als auch in ihrem jeweiligen Umfeld, in dem sie gezeigt werden“, sagte Eva Kienle, Mitglied des KWS Vorstandes, bei der Vernissage. „In ihren Arbeiten sucht Constanze Böhm nach einem Moment der Spannung innerhalb dieses Settings. Der Austausch und die Kommunikation darüber ist ihr ein wichtiges Anliegen.“ Maximilian Neumanns Leidenschaft gelte der Bewegung in der Natur, berichtete Kienle. „Er unternimmt Wanderungen, die immer wieder Motivation für seine Arbeiten sind. Dabei geht es auch stets darum, sich in Gesellschaft zu bewegen, sich einzubringen und zu kommunizieren.“
Die Ausstellung zeige Bilder, Objekte und Ereignisse, führten Lotte Lindner und Till Steinbrenner in die Arbeitsweise der beiden Künstler ein. Kunst sei als eine Form von Energietransfer zu verstehen. Eine „Spukhafte Fernwirkung“, so der Titel der Schau, beschreibe nach Albert Einstein ein Phänomen, bei dem es eine Verbindung zwischen Teilchen gebe, die nach den geltenden Gesetzen der Physik nicht zu erklären sei, erklärten Lotte Lindner und Till Steinbrenner, die eine seit 20 Jahren bestehende künstlerische Einheit bilden und an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig studiert und als Meisterschüler bei der berühmten Performancekünstlerin Marina Abramovic abgeschlossen haben. Zwar seien Constanze Böhm und Maximilian Neumann weit entfernt davon, objektlos zu arbeiten. „Im Gegenteil ist ihr Umgang mit dem Materiellen lust- und liebevoll und voller Feingefühl“, sagten Lotte Lindner und Till Steinbrenner. Der Beziehungsanteil ihrer Arbeiten sei aber besonders erwähnenswert. Die Bilder und Plastiken kommunizierten nicht nur mit den Betrachtern, sondern auch miteinander. Die größte Qualität dieser an visuellen und sensorischen Qualitäten so reichen Anordnung sei es, einen Eindruck davon zu vermitteln, „dass alles mit allem zusammenhängt. Und dass das nicht nur Abhängigkeit ist, sondern auch und vor allen Dingen Verbundenheit“, sagten Lotte Lindner und Till Steinbrenner. „Oder um es mit der Sprache der Musik zu sagen: Sinfonie!“
In dem eigens für die Ausstellung aus gewachster Buche realisierten Tischobjekt im vorderen Raum von NEWCOMER zitiert Maximilian Neumann eine Zeichnung von Constanze Böhm, übernimmt die ovalen Formationen ihrer Zeichnung als Basis für seine Tischkonstruktion, auf der sieben Künstlerbücher liegen. Das Entwickeln von handwerklichen und technischen Lösungen ist ein fester Bestandteil seines künstlerischen Repertoires. Das Oval des Tisches wird auch im hinteren Raum in einem Objekt von Constanze Böhm wieder aufgegriffen: 250 ovale Kettenglieder aus weißer perlmuttartig glänzender Keramik schichten sich auf einem weißen Teppich zu einer Skulptur. Verbundene und wieder aufgelöste Kettenglieder sollen auf die Metapher von Verbindung und Trennung hinweisen, erläutert die Künstlerin.
Constanze Böhm, geboren 1977, ist Künstlerin und freie Kunstvermittlerin aus Hannover. Vor ihrem Studium der Freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig (HBK) bei Olav Christopher Jenssen und der Kunstvermittlung (2013-2018) absolvierte sie an der Leibniz Universität Hannover das Studienzertifikat „Ästhetische Bildung und Gestaltung“ (2011-2013) mit Auszeichnung und studierte an der Hochschule Hannover Kostümdesign (1997-2003).
Maximilian Neumann, geboren 1986, lebt und arbeitet in Hannover. Nach seinem Studium der Freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig (HBK) bei Hartmut Neumann und Olav Christopher Jenssen (2010-2017) schloss er dort sein Diplom mit Auszeichnung ab, war dann 2017 bis 2018 Meisterschüler bei Olav Christopher Jenssen. Von 2008 bis 2010 war Maximilian Neumann außerordentlicher Student der Universität für angewandte Kunst Wien.
Beide sind Teil des projektKLUB, einem Zusammenschluss von Künstlerinnen und Künstlern, die gemeinsam Interventionen und Ausstellungen realisieren (zuletzt u.a. im Kunstverein Hildesheim, Kunstverein Braunschweig).
Zur Finissage am Samstag, 20. Juli, bestimmen bei einem kleinen Event Kochen und Teilen die künstlerische Praxis und unterstreichen das Miteinander in der Kunst und im Alltag. „Das Auge darf jetzt mitessen“: Verschiedenfarbige Dips und selbst gebackenes Brot werden an dem Tag aus den Keramikschalen der Arbeit „With a little help from my friend“ von Maximilian Neumann gereicht, die bis dahin als Installation an einer Wand der NEWCOMER Räume zu sehen ist. Die Besuchenden sind eingeladen, das Essen mit den Künstlern zu teilen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Geöffnet ist die NEWCOMER KWS Art Lounge mittwochs von 10 bis 13 Uhr, freitags von 15 bis 18 Uhr und sonnabends von 10 bis 13 Uhr.