Landkreis Northeim (r). Die meisten Menschen haben zu Insekten kaum einen Bezug. Nur einige wenige gelten als schön, viele andere werden gar als lästig empfunden. In den Leinepoldern zwischen Einbeck und Northeim zeigen sich im Sommer viele Insekten, deren Lebensweise spannend ist und die im Ökosystem eine wichtige Rolle spielen.
Fragt man Menschen, welche Insekten ihnen gefallen, werden häufig Schmetterlinge und Marienkäfer genannt. Die meisten anderen Insekten gelten dagegen als lästig, gefährlich oder hässlich. Sie werden im besten Falle ignoriert und im schlechtesten totgeschlagen, wenn sie sich ins Haus verirren.
Damit wird ihnen jedoch Unrecht getan, denn die Insekten bilden mit einigen anderen Kleinlebewesen die Basis der Nahrungskette. Noch dazu ist die Anzahl der Insekten in den vergangenen Jahren aufgrund verschiedener Ursachen in vielen Teilen des Landes erheblich gesunken. Umso wichtiger ist es, sich näher mit dieser äußerst interessanten Artengruppe zu beschäftigen – zum Beispiel während eines Sommerspaziergangs in den Leinepoldern.
Elterliche Fürsorge
Viele Insekten pflanzen sich fort, indem sie Eier legen. „Marienkäfer wählen für die Eiablage meist Pflanzen aus, an denen sich Blattläuse befinden“, weiß Thomas Spieker von den Naturscouts Leinetal e. V. „Schlüpfen die Larven, finden sie gleich ausreichend Nahrung vor.“
Dasselbe gilt für zahlreiche Blattkäferarten: „Auf Schwarz-Erlen findet man beispielsweise oftmals den Blauen Erlenblattkäfer, der metallisch dunkelblau glänzt und sowohl als erwachsenes Tier als auch als Larve Löcher in die Blätter dieser Bäume frisst“, so Thomas Spieker.
Die meisten Insekten legen ihre Eier einfach an der für sie passend erscheinenden Stelle ab und überlassen sie ihrem Schicksal. Eine Ausnahme bildet da die Fleckige Brutwanze. Nach der Eiablage stellt sich die Wanzenmutter zwei bis drei Wochen schützend über die Eier und hungert während dieser Zeit. „Sind die Jungen geschlüpft, bewacht die Mutter sie weitere zwei bis drei Wochen“, erläutert Spieker. „Erst nachdem die Jungwanzen ihre erste Häutung durchlaufen haben, gehen sie gemeinsam mit ihrer Mutter auf der Suche nach Nahrung, und bald darauf trennen sich ihre Wege.“
Vom Ei zum Alttier
Insektenlarven durchlaufen mehrere Häutungen, bis sie für den nächsten Entwicklungsschritt reif sind. Während sie wachsen, vergrößert sich ihre recht starre äußere Körperhülle nicht. Dadurch wird sie irgendwann zu eng und die Larven müssen sich häuten. „Auf Brennnesseln kann man mit etwas Glück die feinen abgestreiften Häute von Raupen des Tagpfauenauges vorfinden“, weiß Thomas Spieker. „Puppen lassen sich dort ebenfalls manchmal aufspüren.“
Als Puppe wird jenes Gebilde bezeichnet, in dem sich die Larven oder Raupen vor der Umgebung geschützt in ein erwachsenes Insekt entwickeln. Schmetterlingspuppen hängen oft an Pflanzen, aber es gibt auch Arten, die sich im Boden verpuppen, darunter einige Falter und Käfer. „Libellen legen ihre Eier unter Wasser, dort entwickeln sich ihre Larven“, so Spieker. Nach mehreren Häutungen sind sie so weit, sich in eine Libelle verwandeln zu können. An Pflanzenstängeln in Ufernähe klettern sie empor und schlüpfen schließlich aus ihrer engen Hülle. Der lange Körper wird ausgestreckt und die Flügel entfaltet. Zurück bleiben die leeren Hüllen, Exuvien genannt.
„Es kann sehr spannend sein, sich diese Hüllen anzuschauen. Dabei ist aber zu beachten, dass in den Leinepoldern nicht einfach an die Gewässerufer gegangen werden sollte – es herrscht ein Wegegebot zum Schutz der in dem Gebiet lebenden Tiere und Pflanzen“, merkt Spieker an. Für vierbeinige Begleiter des Menschen gilt dieses Wegegebot ebenfalls, Hunde dürfen nicht frei im Naturschutzgebiet herumlaufen.
Insektengesänge
Der Großteil der Insekten ist für das menschliche Ohr nicht zu hören. Lediglich bei Arten mit sehr hoher Flügelschlagfrequenz oder bei großen Insekten ist ein Summen zu hören. Libellen sind an rasselnden Fluggeräuschen ebenfalls mitunter zu erkennen. Deutlich hörbar sind die „Gesänge“ der Heuschrecken, die im Sommer sehr zahlreich zu finden sind – zum Beispiel in den Leinepoldern. Vom kleinen Grashüpfer bis zum mehrere Zentimeter langen Großen Heupferd reicht das Artenspektrum der Heuschrecken in dem Schutzgebiet.
Sie alle tragen arttypische Lautäußerungen vor, an denen man sie erkennen kann, ohne sie zu sehen. So mancher Vogel lauscht diesem Zirpen im Sommer sehr aufmerksam, um Beute zu machen. Neben Singvögeln wie zum Beispiel Goldammern gehen auch Greifvögel wie die Mäusebussarde auf Insektenjagd. Und natürlich verschmähen die Weißstörche, die im Umfeld der Leinepolder brüten, diese „Hüpfer“ ebenfalls nicht.
Mehr Informationen über die Natur in den Leinepoldern gibt es im Internet unter www.naturerlebnis-leinepolder.de. Bei Google Play gibt es die Android-Version der kostenlosen Gebietsführer-App “Naturerlebnis Leinepolder” und im Apple-Store die entsprechende Version fürs iPhone. Sowohl öffentliche als auch von Gruppen zu buchende Führungen bietet der Naturscouts Leinetal e.V. an, er ist unter www.naturscouts-leinetal.de im Web zu finden. Informationen darüber, welche Vogel- und Säugetierarten in den Leinepoldern bereits beobachtet wurden, liefert www.naturgucker.de das gemeinnützige Netzwerk für Tier-, Pflanzen- und Pilzbeobachtungen weltweit. Rund 50.000 Aktive sind engagiert, mehr als 9,1 Millionen Beobachtungen und über 1,2 Millionen Naturbilder.
Fotos: Gaby Schulemann-Maier