Northeim (hakö). Eigentlich erwartet Radfahrer, Fußgänger, Camper und Kaffeegäste sowie natürlich Naturfreunde eine einmalige Idylle am großen Northeimer Freizeitsee. Events, wie unter anderem Drachenbootrennen, Seefest und Triathlon lockten und locken teils heute noch nicht nur Athleten, Partyhasen und Betriebssportler an und aufs Wasser. Segler haben hier ihren Hafen gefunden. Die Gastronomie hat Niveau.
Alles gut, wenn es die aktuellen Schreckensmeldungen "Lebensgefahr am Kiessee - DLRG warnt vor Abbruchkanten" nicht geben würde. Ignoriert werden seitens der Behörden seit Jahren nun schon Forderungen nach dringend notwendigen Lärmschutzwänden. Unerträglich und krank machend ist zur Zeit der Lärm auf der nahen A7-Baustelle. Als würden PKWs, LKWs und Busse einem über die Füße rollen, so fühlt es der Tagesgast zwischen Seeterrassen und FKK-Gelände.
Enttäuschend, daß Politik einfach nicht greifen will und ideenlos die Situation beobachtet. Tatenlos die Seekommission. Und so werden wohl die einstigen Vorgaben des geistigen Vaters der Seenplatte, Professor Winfried Hedergott, im "Sandkasten" platt gedrückt. In Erinnerung und zu Ehren von Hedergott pflanzten übrigens die Mitglieder der Northeimer Seekommission am 25. Mai 2007 einen Lindenbaum. Der Gedenkstein ist fast im Gestrüpp des Seerundweges verschwunden. Schade und wirklich nicht hinnehmbar.
Die Northeimer Seenplatte, "Auge des Landkreises", droht zu versinken, gar komplett unterzugehen in den Fluten der emsig schöpfenden Bagger. Natürlich gehört der Kiesabbau zum lukrativen Tagesgeschäft. Aber schon längst hätten die Verantwortlichen in Stadt und Land ein griffiges Konzept erarbeiten und breit präsentieren können für einen sanften Tourismus.
Die Menschen unserer Freizeit orientierten Region im Herzen Deutschlands sehnen sich nach gefahrlosen Badebuchten, möchten mit dem Boot die Insel umrunden, möchten mit Familie und Freunden unbeschwerte, chillige Sommertage am See genießen. Und das ohne Angst, daß zum Beispiel ein Gefahrenguttransporter über die Außenleitplanke rutscht und auf der löchrigen Badewiese landet. Nicht auszudenken, wieviele Menschenleben das kosten würde.
Und noch ein Tipp für die ehrgeizigen Planer und selbst ernannten "Seegrafen": Bitte endlich mal an einigen Stellen das Gestrüpp, die wuchernden Sträucher und Bäume entlang des Seerundweges schneiden, damit nicht nur die Angler, sondern auch mal die Spaziergänger und Radtouristen einen freien Blick auf die Wasserfläche haben. Immer daran denken: Die Seenplatte ist PR für die Kreisstadt.
Abschließend Fragen eines Badegastes an die gewählten Volksvertreter und Mahner kluger Politik sowie an die Mitglieder der Seekommission: "Wollt Ihr überhaupt den See für unendlichen Freizeitspaß, nicht nur an heißen Tagen? Welche Bedeutung, auch unter dem touristischen Aspekt, wird dem Freizeitsee beigemessen?"
Auch wenn man schon in Politik und Verwaltung ernsthaft über die künftige Nutzung von Gemeindesportplätzen nachdenkt, um den Mühlenanger bebauen zu können und zum Beispiel Zirkuszelte in Langenholtensen aufzuschlagen, so sollte zumindest die Seenplatte überleben. Meine Generation muß schon auf die Waldbühne verzichten, auf Motocross am Sultmer, jetzt womöglich auch auf einen der großzügigsten Freiflächen der Region, auf den Festplatz im Herzen der Stadt.
Belächelt wird in breiten Kreisen der Bevölkerung das Vorhaben des Einbecker Unternehmens König, auf dem Northeimer Segelflugplatz eine große Hausmesse für Baumaschinen zu veranstalten. Und dann noch der Gedanke "Bau einer neuen Sporthalle mit entsprechenden Parkflächen" auf dem ehemaligen Gelände der Northeimer Realschule. Aber bitte: Wenigstens hier mit Lärmschutzwänden. Die Anlieger hätten es mehr als verdient. Wo sollen denn auch die Handball- und Fußballfans künftig parken, wenn der Mühlenanger zugebaut wird. Wie auch immer. Bestimmt jede Menge "Sprengstoff" für die kommunalpolitischen Debatten nach der Sommerpause. Unglaublich die Vorstellung, die Stadt Northeim würde Zirkus Charles Knie den Aufbau seines Zeltes zum Beispiel auf dem Sportplatz in Hollenstedt genehmigen. Das wäre eine "Ohrfeige" für die gerade begonnene Nachwuchsarbeit des JFV Leinepolder. Der Verein müßte vier Tage etwa auf den Platz verzichten. Was für eine Entwicklung und Zumutung. Zu verantworten allein vom Rat der Stadt Northeim.
Und noch einmal zur Seekommission. Vielleicht würde sich doch einmal eine Exkursion zu Experten an der Lausitzer Seenplatte lohnen, der größten, zusammenhängenden Seenlandschaft Europas. Ehemaliger Braunkohleabbau. Heute eine durchweg reizvolle Landschaft mit hohem Freizeitwert weit im Osten der neuen Bundesländer.
Fotos: Hartmut Kölling