Lüthorst (red). Auf der Bürgerversammlung in Wangelnstedt am 7. Juni stellten Vertreter der Bürgerinitiative gegen die Erweiterung der Aschedeponie Lüthorst/Wangelnstedt (BI) das Sicherheitskonzept der Altdeponie in Frage und forderten von der Landesregierung in einer Resolution (siehe Kasten) eine unabhängige geotechnische Untersuchung der möglichen „Altlast“. Nach Auffassung der Deponiegegner muss diese umgehend erfolgen und darf nicht verzögert werden bis eine Genehmigung zur Deponie-Erweiterung erteilt wird. Im Gegenteil sei solch eine Untersuchung Voraussetzung dafür, dass überhaupt an eine Erweiterung zu denken wäre.
Nach Ansicht der BI wäre es unverantwortlich, den gegenwärtigen Zustand der Altdeponie als Baugrundlage für die Deponie-Erweiterung zu nehmen. Wohl wissend, dass weder der bestehende Deponie-Untergrund auf seine Eignung noch die Tauglichkeit der verbauten Sicherheitskomponenten nach heutigem Standard vollumfänglich untersucht und bewertet worden seien. So gehe es zumindest aus internen Berichten hervor. „Welcher Bauherr setzt schon auf ein Altfundament einen Neubau, ohne dies vorher gründlich untersucht zu haben“, sagt ein Sprecher der BI und ergänzt: „Es sei denn er ist risikoblind, hat eine gute Versicherung abgeschlossen, oder schiebt die Kosten letztendlich der Allgemeinheit in die Schuhe“.
Vor dem Hintergrund zunehmender Extrem-Wetterlagen und der festgestellten Erdfälle im Bereich der Deponie befürchtet die BI, dass es darüber hinaus bei Starkregen, wie er kürzlich bei Hildesheim auftrat, auch in Lüthorst/Wangelnstedt zu erheblichen Ascheschlamm-Erosionen sowie Erdfällen durch Wasserabfluss kommen könne, und damit zu Schlammaustragungen auf angrenzende Ackerflächen oder gar in Wohngebiete. Nach gegenwärtiger Kenntnislage der BI gibt es für ein derartiges Schadensereignis keinen Sicherheitsplan, der die Bevölkerung vor Kontaminierung schützt.
Besonders beunruhigend ist für die BI, dass die Bevölkerung von der Politik und dem Deponiebetreiber völlig im Unklaren darüber gelassen worden ist, welche Auswirkungen der Einbau unterschiedlicher Aschen auf der Deponie mit sich bringt. Wie durch umfangreiche eigene Recherchen bekannt wurde, müsse davon ausgegangen werden, dass durch Wärmeentwicklung im Deponiekörper Setzungsrisse entstanden seien, die auch bis zur tonmineralischen Abdichtung reichen könnten. Die BI befürchtet deshalb, dass sowohl Wasser oberhalb als auch Wasser unterhalb der Deponie sich einen Weg im Deponiekörper suchen könnte. Ein „Absaufen“ der Deponie wäre eine Umweltkatastrophe, die auf jeden Fall rechtzeitig gemeinsam verhindert werden müsse.
Wortlaut der am 7. Juni in Wangelnstedt von der Bürgerversammlung verabschiedeten Resolution
Resolution der Bürgerversammlung Wangelnstedt vom 07.06.2017
Die am 07.06.2017 versammelten Bewohner/innen von Wangelnstedt und Lüthorst sowie der umliegenden Dörfer fordern
eine unabhängige geotechnische Untersuchung der Alt-Deponie Lüthorst/Wangelnstedt unter Federführung der zuständigen Stellen des Landes Niedersachsen, sowie die Einstellung des laufenden Deponiebetriebes und die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens für die geplante Deponieerweiterung.
Begründung:
Nachdem der Deponiebetreiber öffentlich erklärte, dass es sich bei dem Deponieaufbau nicht, wie bisher öffentlich vertreten, um einen monolithischen Ascheneinbau mit homogenen Einbau-strukturen handelt, sondern um den Einbau von unregelmäßig abgelagerten Verbrennungsaschen aus mindestens 10 unterschiedlichen Kraftwerken und unterschiedlichen Verbrennungsprozessen, die nach der Abfalldeponierung noch lange Zeit chemische Reaktionen und Wärmeentwicklungen zur Folge haben, erwarten wir Bürger von der Landesregierung und den zuständigen Ämtern robuste Handlungsschritte zur Aufklärung des Sachverhaltes.
Wir fragen die Landesregierung und zuständigen Stellen:
1. Ist die bestehende Sicherung der Deponie vor dem aufgezeigten Hintergrund ausreichend bemessen? Wodurch ist dies begründet und garantiert? Ist die Deponie insgesamt noch sicher?
2. Welche Komponenten wurden zur Sicherung der Deponie eingebaut, und reicht der Schutzvorrat dieser Sicherungen vor dem Hintergrund der aufgezeigten Probleme der Deponieerwärmung und der bekannten Erdfallneigung im Deponiegebiet aus? Wären die im bisherigen Verlauf der Einrichtung und des Betriebs der Deponie eingebauten Komponenten nach heutigen Standards ausreichend und genehmigungsfähig?
3. Reicht die im Labormaßstab durch den Deponiebetreiber festgestellte Temperaturentwicklung aus, um Aussagen über die Auswirkungen für die Deponie insgesamt treffen zu können? Ist die erforderliche langfristige Funktionsfähigkeit der Abdichtungskomponenten (100 Jahre bzw. 200 Jahre bei Deponieerweiterung) mit Untersuchungen im Labormaßstab zu gewährleisten und verbindlich zu garantieren?
4. Welche Maßnahmen wurden bisher unternommen bzw. sind geplant, um den tatsächlichen Umfang der chemischen Reaktionstemperaturen im Deponiekörper und deren Auswirkungen auf den Deponiekörper und die verbauten Sicherungssysteme zu ermitteln, zu überwachen und gegebenenfalls zu sanieren?
5. Welche Maßnahmen wurden bisher durchgeführt, um den Zustand der Funktionssicherheit der verbauten Abdichtungskomponenten zu beherrschen, nachdem man Kenntnis davon erhielt, dass es zu Reaktionstemperaturerhöhungen auf nahezu 80° Celsius im Deponiekörper kommt, und damit Schrumpfrissbildungen der tonmineralischen Dichtungen bzw. die Kontaminierung des Grundwassers zukünftig nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können?
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