Einbeck/Northeim (r). Dass sich Menschen in verschiedenen Situationen jeweils unterschiedlich verhalten, verwundert niemanden. Doch auch Vögel zeigen nicht immer dasselbe Verhalten, und sie werden dabei stark von den Jahreszeiten beeinflusst. Bei den gefiederten Bewohnern der Leinepolder lässt sich dies im Winterhalbjahr gut beobachten.
Die Naturschutzgebiete zwischen Einbeck und Northeim sind als Paradies und sicherer Rückzugsort für Wasservögel bekannt. Kleinere Singvögel, Rabenvögel und weitere Arten wie Greifvögel kommen dort ebenfalls vor. Wer über einen längeren Zeitraum regelmäßig diese Tiere betrachtet, kann faszinierende Details bemerken.
Kräfte schonen im Winter
Während des Winters ist es für die meisten Vogelarten sowie für viele andere Tiere wichtig, mit ihren Kräften zu haushalten. Bei gefrorenem Boden können zum Beispiel Amseln keine Regenwürmer aus dem Erdreich ziehen, eine geschlossene Schneedecke versperrt den Gänsen den Zugang zum Gras oder nimmt Greifvögeln wie den Mäusebussarden die Sicht auf Mäuse.
„ Als Vogel sollte man dann keine Kräfte verschwenden“, erläutert Thomas Spieker von den Naturscouts Leinetal e.V. „Um sich fliegend fortzub ewegen, müssen Vögel verhältnismäßig große Muskeln bewegen, was jede Menge Energie verbraucht, die sie ihrem Körper über die Nahrung zuführen müssen.“ Viele von ihnen fliegen im Winter deshalb nicht mehr als unbedingt nötig.
„ Besucher der Naturschutzgebiete sollten das Wegegebot beachten. Zum Wohle der Tiere sollten sie die Wege nicht verlassen und ihre Hunde angeleint bei sich führen. Denn wer querfeldein läuft – sei es ein Mensch oder ein Vierbeiner -, der könnte Vögel aufschrecken“, weiß Spieker. Gerade die in den Leinepoldern zu tausenden überwinternden Gänse fliegen dann meist erschrocken auf und drehen etliche Runden, bis sie sich wieder beruhigen – und verschwenden dabei erhebliche Mengen Energie.
Gruppen bieten Vorteile
In den kalten Monaten bilden die Gänse große Gruppe n, was ihnen unter anderem den Vorteil bringt, dass ein solcher Trupp sehr viele wachsame Augen hat. Versucht sich ein Fressfeind wie ein Fuchs zu nähern – oder eben verbotenerweise ein fre ilaufender Hund -, sieht das garantiert irgendeine der vielen Gänse und schlägt sofort Alar m, woraufhin die Vögel fliegend flüchten können.
Was sich meist nicht beobachten lässt, aber dennoch vorkommt, ist das nächtliche „Gruppenkuscheln“ kleiner Vögel. „Zaunkönige gehöre n mit 9 cm Körperlänge zu den kleinsten Singvögeln in Deutschland“, weiß der Naturscout Spieker. „In kalten Winternächten bilden die während des Sommers eher einzelgängerischen Vögel m it bis zu 20 Artgenossen Schlafgemeinschaften an windgeschützten Stellen.“
Frühlingsgefühle
Bei den Wasservögeln der Leinepolder lassen sich im Spätwinter erste Vorboten der bevorstehenden Fortpflanzungsperiode beobachten. Blässhühner fangen an, miteinander zu kämpfen. Die Haubentaucher stecken oft schon ihre Reviere ab, und bei den Enten sind zusehends häufiger wilde Verfolgungsjagden an der Tagesordnung.
„ Die in und rund um die Leinepolder lebenden Mäusebussarde beginnen häufig bereits ab Mitte Februar mit ihren Balzflügen, bei denen sich die Pa are kreisend immer höher schrauben und Rufe ausstoßen. Dann lassen sie sich fallen und gleiten in kurvigem Flug am Himmel entlang, manchmal drehen sie sich dabei umeinander“, beschreibt Spiek er dieses Naturschauspiel. Auf geführten Wanderungen mit den Naturscouts lässt sich dies mit etwas Glück manchmal beobachten.
Spätestens ab März fangen viele Singvogelarten an, Reviere zu besetzen und diese zu verteidigen. Mit fortschreitendem Frühling tragen sie wieder ihr e Gesänge vor. Für viele Menschen sind die Vogelgesänge im Frühling eines der wichtigsten Anze ichen dafür, dass die Gefiederten gewissermaßen Frühlingsgefühle haben.
Mehr Informationen über die Natur in den Leinepoldern gibt es im Internet unter www.naturerlebnis-leinepolder.de. Bei Google Play gibt es die Android-Version der kostenlosen Gebietsführer-App “Naturerlebnis Leinepolder” und im Apple-Store die entsprechende Version fürs iPhone. Sowohl öffentliche als auch von Gruppen zu buchende Führungen bietet der Naturscouts Leinetal e.V. an, er ist unter www.naturscouts-lein etal.de im Web zu finden.
Informationen darüber, welche Vogel- und Säugetierarten in den Leinepoldern bereits beobachtet wurden, liefert www.naturgucker.de, das gemeinnützige Netzwerk für Tier-, Pflanzen- und Pilzbeobachtungen weltweit und strategischer Partner des NABU. Über 41.000 Aktive sind engagiert, mehr als 8,4 Millionen Beobachtungen und über 1,02 Millionen Naturbilder wurden hier bislang veröffentlicht.
Foto: Peter Reus