Einbeck/Göttingen (red). Die Äsche ist ein Fisch, dem man einen Geruch von Thymian nachsagt und der einst in vielen niedersächsischen Bächen und Flüssen bis in das Stadtgebiet Hannover heimisch war. Doch sind die Bestände der mittlerweile stark gefährdeten Art in ganz Deutschland alarmierend rückläufig. Der Anglerverband Niedersachsen (AVN), der Fischereiverein Einbeck (FVE) und die Georg-August-Universität Göttingen riefen darum ein Nachzuchtprojekt ins Leben. Bei Einbeck werden am 5. Mai erste Äschen-Nachkommen in die Wildbahn entlassen. Doch Biologen warnen: Die Nachzucht kann nur eine Säule für den Erhalt der Süßwasserschönheit sein. Grundsätzlich müssen Fließgewässer wieder naturnäher und für Wanderfische passierbar werden. Auch winterliche Beutezüge des Kormorans erschweren den Artenschutz. Das Vorhaben wird gefördert von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung sowie vom ehrenamtlichen und finanziellen Einsatz von Angelvereinen.

Die Äsche ist kein Baum und auch kein Begriff aus der hessischen Mundart. Sie ist ein stattlicher Fisch mit einer Größe bis zu 65 cm, deren wissenschaftlicher Name Thymallus thymallus verrät, dass sie beim Fang ein provenciales Aroma verströmt. Doch nicht nur das. Einst war sie eine Charakterart für die obere Leine und ihre Nebenflüsse, sodass Fischereiwissenschaftler das Gebiet als Äschenregion bezeichneten. Heute gilt sie in Niedersachsen und deutschlandweit als stark gefährdete Rote Liste Art. Diesen Schwund wollen Forscher und Angler des AVN, des FV Einbeck und der Universität Göttingen nicht einfach hinnehmen. Gemeinsam mit der Fischzucht Lammetal taten sie sich zusammen, um mit den letzten Äschen des Leine-Flussystems für eine genetisch angepasste Nachzucht zu sorgen. Am 5. Mai werden die ersten Nachkommen ins Krumme Wasser bei Einbeck gesetzt. Von dort sollen mehrere hundert Jungfische die Leine und ihre Nebenflüsse wieder besiedeln. Ein Teil des Nachwuchses wird in der Zuchtanlage zur weiteren Vermehrung zurückgehalten. Doch ist dies leichter gesagt als getan.

AVN Biologe Matthias Emmrich erklärt: „Äschen sind sehr sensible Fische, deren Vermehrung in Gefangenschaft sehr schwierig ist. Sobald in der Zucht irgendetwas für die Tiere nicht stimmt, bleiben unsere Bemühungen erfolglos.“ Aus diesem Grund ging das Team im Frühjahr des letzten Jahres in den Flüssen Ilme und Krummes Wasser auf die Suche nach laichfähigen Wildfischen. Diese wurden dann aber nicht in die Zuchtanlage gebracht, sondern bis zur Eireife in Netzkäfigen im Fluss gehältert. Eine unübliche Strategie, die aber funktionierte: 4.000 Eier konnte das Team mit Hilfe ehrenamtlicher Angler gewinnen und daraus fast ebenso viele Äschenlarven erbrüten. Von diesem Jahrgang werden nun rund 500 Fische mit einer Größe von 20 cm zurück in ihre Ursprungs-Gewässer gebracht. Aus dem restlichen Nachwuchs möchten die Projektmitarbeiter einen Elterntierstamm aufbauen. Doch bislang scheinen die Äschen sich zu weigern, unter künstlichen Begebenheiten erfolgreich zu laichen. Matthias Emmrich ist darum froh, die Universität Göttingen mit an Bord zu haben. Die Forscher können in Experimenten herausfinden, ob den Zuchtäschen die Strömung fehlt oder ob die Ernährung Einfluss auf ihre Fruchtbarkeit hat. 

Insgesamt ist das Projekt ein Lichtblick für einen faszinierenden Fisch aber kein Allheilmittel. In der Natur brauchen Äschen in ihrer Entwicklung vom Ei bis zur "Lady of the Stream", wie sie in England auch heißt, sehr vielseitige Lebensräume. Während die Tiere nur auf flachen Kiesbetten ablaichen können, benötigen sie als Jungfische flache strömungsarme Bereiche. Im ausgewachsenen Alter leben sie dann gerne im tiefen Wasser und kommen ohne Strömung nicht in Paarungslaune. Nur naturnahe Bäche und Flüsse mit ihren Windungen und breiten Uferbereichen werden diesen Ansprüchen gerecht. Zu viele Feinsedimente, Gewässerbegradigungen, versperrte Wanderrouten und hungrige Kormorane setzen den eleganten Wasserbewohnern während der Laichzeitzeit ebenso zu. „Der AVN und seine Mitgliedsvereine bringen ihre finanziellen und personellen Mittel für den Erhalt der Äschen ein, soweit sie können. Wir würden uns freuen, wenn die Politik sich künftig mit ihren Mitteln auch mehr einsetzen würde“, formuliert Biologe Emmrich seine Bitte für die duftende, bedrohte Schönheit.

Fotos: Florian Möllers (AVN), Ralph Eikenberg