Einbeck (ant). Alo sollte zurück nach Syrien abgeschoben werden, doch es kam anders. Da er ohne Identitätsnachweis – ohne Personal- oder Reiseausweis – nach Deutschland gekommen war, konnte er keine Rückführung nach Syrien antreten. Alo durfte in Deutschland bleiben, zunächst jedoch nur geduldet. Das bedeutete, dass er alle drei Monate einen Duldungsantrag stellen musste und nicht arbeiten durfte.
Doch Alo ließ sich nicht beirren: Zweimal stellte er einen Antrag auf Arbeitserlaubnis, die jedoch abgelehnt wurden. Beim dritten Versuch war er erfolgreich. Im August 2002 erhielt er endlich eine Arbeitserlaubnis. Er begann als Tellerwäscher bei einem griechischen Restaurant in Einbeck. Zwei Jahre später sollte die Erlaubnis jedoch wieder entzogen werden. Alo wehrte sich erneut, diesmal erfolgreich: „Für mich war das wie ein Sechser im Lotto – ich musste immer für alles hart kämpfen“, sagt er.
2007 änderten sich die Gesetze: Wer sieben Jahre gearbeitet hatte und nicht auf staatliche Hilfe angewiesen war, konnte ein Bleiberecht erhalten – vorausgesetzt, er konnte seine Identität nachweisen. Alo beantragte bei der syrischen Botschaft einen Pass und erhielt 2009 eine Aufenthaltsgenehmigung. Anhand von Büchern und Sprachkursen versuchte er die deutsche Sprache zu erlernen. 2010, im Alter von 29 Jahren, habe er einen sechsmonatigen Sprachkurs besucht, welchen er erfolgreich abgeschlossen hat: „Da habe ich das erste Schulzeugnis in meinem Leben erhalten – ich war richtig stolz“.
Zwischenzeitlich hat er seine Frau in Deutschland kennengelernt, welche ebenfalls aus Syrien geflüchtet war. Im Jahr 2005 heirateten sie und bekamen im darauffolgenden Jahr einen gemeinsamen Sohn. Anschließend arbeitete er als Aushilfe im Einbecker Sonnenberg Gästehaus in Einbeck. Der damals 31-Jährige, konnte die Besitzer davon überzeugen, ihm einen Ausbildungsplatz zu geben: „Das war immer mein großer Traum und ich wollte unbedingt, dass dieser in Erfüllung geht“, freute er sich. Bei dieser Erinnerung fingen seine Augen an zu glänzen und er strahlte über das ganze Gesicht. Draußen vor dem Restaurant heulte der Wind. Bunte Blätter flogen über die hübsch hergerichtete Terrasse, auf welcher auch Spielgeräte für Kinder zu sehen waren.
Der einzige Haken war, dass Alo keine Schulzeugnisse vorweisen konnte. Doch das Glück war auf Alos Seite und er durfte mit dem Einverständnis der IHK und der Schule die Ausbildung im Jahr 2012 beginnen. „Es war eine harte Zeit, ich musste viel lernen – es gibt nichts Schlimmeres, wenn man nicht kommunizieren kann. Man wird oft ungerecht behandelt und diskriminiert“, erzählte Alo.
Er ergriff seine Chance - nach drei sehr anstrengenden Jahren, im Alter von 34 Jahren, durfte Alo sein langersehntes Zeugnis in den Händen halten. Mit der abgeschlossenen Ausbildung habe er zudem einen Hauptschulabschluss bekommen: „Das war für mich die Kirsche auf dem Sahnehäubchen, ich war so stolz und so voller Freude - das konnte mir keiner nehmen“. Der damals 34-Jährige wollte noch mehr erreichen und meldete sich in Göttingen an der BBS zu einer dreijährigen schulischen Ausbildung zum Betriebswirt für Hotel und Gaststätten an. „Das war noch mal ein ganz anderes Niveau vom Schwierigkeitsgrad her – es war für mich der Horror“. Doch auch diese Herausforderung schaffte der ehrgeizige Syrer und durfte sich mit 37 Jahren staatlich anerkannter Betriebswirt in Hotel und Gastronomie, mit Ausbildungsschein, nennen. Zudem erhielt er den erweiterten Realschulabschluss.
Fortsetzung folgt morgem…