Einbeck (red). Ein schwerer Verkehrsunfall, Suizid oder das Überbringen einer Todesnachricht: Die Notfallseelsorge leistet in solchen oder ähnlichen Fällen „Erste Hilfe für die Seele“ und wird gerufen, um Betroffenen beizustehen und sie zu entlasten. Auch die Begleitung von Helfenden kann eine wichtige Aufgabe sein.
Und damit die Seelsorgerinnen und Seelsorger auf solche Notsituationen vorbereitet sind, gibt es das Grundmodul „Notfallseelsorge“. Dieses vermittelt Kenntnisse in Theorie sowie Übungen und fand vergangene Woche erstmalig in Northeim statt. 18 beruflich und ehrenamtlich Tätige nahmen daran teil.
„Die Runde ist toll und die Teilnehmenden sind sehr engagiert. Unser Dank geht auch an die Polizei Northeim, die Einsatzleitstelle und die Freiwilligen Feuerwehr Northeim. Sie haben uns einen Einblick in ihre Arbeit gewährt, aufgezeigt, wo und wie sie mit der Notfallseelsorge zusammenarbeiten und wie wichtig diese für sie ist“, sagt Annette Hartmann, die zusammen mit Martin Possner zum Leitungsteam der ökumenischen Notfallseelsorge in Leine-Solling gehört.
Dieser ergänzt: „Ich bin stolz und froh, dass der Kirchenkreis Leine-Solling einen Kurs mit so vielen Ehren- und Hauptamtlichen hier vor Ort durchführen konnte. Hoffentlich können wir damit unser Notfallteam vor Ort erweitern – ich bin da sehr zuversichtlich!“
Denn der Kurs war ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin, sich die Kompetenzen für eine „Seelsorge im Notfall“ anzueignen und vielleicht sogar später in der Notfallseelsorge mitzuarbeiten. Neben Teilnehmer*innen aus dem Kirchenkreis Leine-Solling waren vereinzelt auch die Kirchenkreise Harzer Land und Göttingen-Münden vertreten. Das Grundmodul leiteten Joachim Wittchen, Pastor und Beauftragter für Notfallseelsorge in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, und Alexandra Beiße, Pastorin und Beauftragte für Notfallseelsorge im Sprengel Hildesheim-Göttingen.
Das Feedback der Teilnehmenden? Jugenddiakonin Julia Grote erklärt: „Ich hatte die Entscheidung schon vorher getroffen, mich bei der Notfallseelsorge engagieren zu wollen – und wurde mit diesem Kurs sehr in meinem Entschluss bestärkt. Wirklich praktisch, dass der Kurs in Northeim stattfand.“ Kirchenmusiker und ehrenamtlicher Seelsorger Christian Hetterich-Dähn beschreibt: „Ich konnte unheimlich viel für mich mitnehmen – emotional und Know-how-technisch.“
Auch Pastor Jan Höffker lobt: „Mit dieser Fortbildung haben wir im Hinblick auf die Herausforderungen der Notfallseelsorge ein Geländer zum Festhalten bekommen. Denn in der Notfallseelsorge geht es darum, dass der zu Betreuende stabilisiert wird, sich orientiert, die eigenen Ressourcen wiederfindet und aktiviert. Darauf wurden wir gut vorbereitet.“
Pastor Martin Possner berichtet, dass die Zahl der jährlichen Einsätze für die Notfallseelsorge Leine Solling, mit dem Landkreis Northeim in hoher Verlässlichkeit zusammenwirkend, von 2023 auf 2024 von 55 auf 70 gestiegen sei. „Die Gesellschaft verändert sich, der Bedarf für unsere Arbeit nimmt zu. Da sein, Nähe zeigen, Betroffene oder Unfallgegner abschirmen, erzählen lassen und zuhören – das sind Aufgaben, die einen jedes Mal neu fordern.“ Deshalb erfolge die Ausbildung zur Notfallseelsorge nach strengen Qualitätsstandards und statte die handelnden Personen mit Kompetenzen aus, die im Fall der Fälle hilfreich sind.
Die Notfallseelsorge Leine-Solling besteht in diesem Jahr seit 27 Jahren, ist multiprofessionell und ökumenisch aufgestellt. Zum Team gehören Pastoren und Pastorinnen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Kirchenmusiker, Diakone, Krankenschwestern, ehrenamtlich und hauptamtlich Tätige aus der Evangelischen Landeskirche, der katholischen Kirche und den evangelischen Freikirchen. Es sind stabile und zugewandte Menschen, gut ausgebildet, die sich trauen, in schwere Notfallsituationen reinzugehen und Menschen in der Not seelsorgerlich beizustehen.
Foto: Mareike Spillner