Einbeck (red). Eine szenische Lesung über Fritz Bauer, den hessischen Generalstaatsanwalt bei den AuschwitzProzessen ab 1963 und entscheidenden Hinweisgeber für die Enttarnung von Adolf Eichmann in Argentinien im Jahr 1960, findet am Freitag, 14. Juni, um 20 Uhr in der Alten Synagoge in der Baustraße 15a in Einbeck statt. Die Aufführung des Theater-Teams des Buchcafés Bad Hersfeld von und mit Hartmut Käberich und Dieter Schenk wird von Andreas Jaeger (Gitarre & Electronics) und Willi Hanne (Schlagzeug, Percussion und anderes) musikalisch begleitet. Veranstalter sind der Förderverein Alte Synagoge, Kultur im Esel, die KZ-Gedenkstätte Moringen und amnesty international. Der Eintritt ist frei, Spenden sind möglich.
Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder – im Deutschland der 1950-er Jahre sollte ein Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit gezogen werden. Fritz Bauer, einem damals noch unbekannten Juristen, gelang es, dieser Politik des organisierten Vergessens den öffentlichen Ruf nach Aufarbeitung entgegen zu setzen. In der jüngsten Zeit ist Fritz Bauer (wieder) in den medialen Fokus gerückt. Die Veranstalter freuen sich, nach der Lesung über Fritz Bauer, über Fragen von Geschichtsaufarbeitung und Möglichkeiten eigenen Handelns in der heutigen Zeit ins Gespräch kommen zu können.
Das fiktive Interview, das auf Bauers Schriften und Reden basiert, berührt die Höhen und Tiefen in Fritz Bauers Leben. Seine Antworten auf kritische Fragen zeigen einen Menschen, der niemanden unberührt lässt und der sich immer selbst treu geblieben ist, wenn er sich „im Zweifel für die Freiheit“ einsetzte. Er wurde angefeindet und unfair behandelt, wusste sich aber auch wortstark zur Wehr zu setzen. Er wich keiner Diskussion aus und zeigte Mut und Durchsetzungskraft. Aber er war auch ein Mensch mit Schwächen und Fehlern, wie könnte es anders sein. Er zweifelte und verzweifelte manchmal an seiner Aufgabe als hessischer Generalstaatsanwalt, auch litt er unter Gefühlen der Einsamkeit.
„Die juristische Aufarbeitung des NS-Unrechts, die Dr. Bauer verlangte, war kein Versuch, die Vergangenheit mit den Mitteln des Strafrechts zu entsorgen, vielmehr ging es Bauer darum, die Deutschen zu immunisieren, sie vor einem erneuten Rückfall in die Barbarei zu schützen. Bauers Glaube an eine bessere Zukunft war Ausdruck seines universellen Humanismus, der ihm Orientierung im Denken und im Handeln gab.“ (Frank-Walter Steinmeier) Höhepunkte in Fritz Bauers Karriere sind der von ihm initiierte erste Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-1965) und die durch ihn ermöglichte Festnahme des Naziverbrechers Adolf Eichmann. Wenn Bauers Gedanken an rechtsradikale Erscheinungen bis in die heutigen Tage erinnern, markiert das seine zeitlose Bedeutung. Die Erstaufführung der szenischen Lesen fand in Polen an der Universität Lodz statt.
Gefördert wird die Veranstaltung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“ und des Lokalen Aktionsplanes im Landkreis Northeim. Mehr Informationen unter www.alte-synagoge-einbeck.de
Foto: Förderverein Alte Synagoge in Einbeck e.V.