Northeim (red). Religiöse Rituale in ihrer faszinierendsten Form: Bei den Niedersächsischen Musiktagen ist mit der „Allnächtlichen Vigil“ eines der beiden großen liturgischen A-cappella-Werke Sergej Rachmaninows zu hören. Gesungen wird es am 26. September um 15 Uhr in der Northeimer St. Sixti-Kirche vom Collegium Vocale Gent – einem der europäischen Spitzenchöre, dessen makellose Intonation und vollendete Klangkultur die introvertierte Frömmigkeit der orthodoxen Kirchenmusik in schönstem Licht erstrahlen lässt.
Für das Collegium Vocale Gent, das 1970 gegründete Solistenensemble, dessen Aufführungen der großen Chorwerke Bachs unter Leitung Philippe Herreweghe seit vielen Jahren einen geradezu legendären Status genießen, bedeutet die Beschäftigung mit Rachmaninow eine entscheidende Erweiterung des Repertoires: Schließlich waren dessen herrliche Chorwerke in Russland zu Sowjet-Zeiten aus politischen Gründen kaum zu hören, während sie im Westen bis in die neunziger Jahren hinein noch fast unbekannt waren. Bis vor wenigen Jahren galt Sergej Rachmaninow vor allem als Komponist schwermütig-virtuoser Klaviermusik, der die schwelgerische Spätromantik ins 20. Jahrhundert zu retten versuchte. Inzwischen jedoch wird das Schaffen des Russen sehr viel breiter wahrgenommen; die kompositorischen Qualitäten seiner Chor- und Orchesterwerke finden immer mehr Bewunderung.
Die „Allnächtliche Vigilie“, die Rachmaninow Anfang 1915 innerhalb von wenigen Wochen zu Papier brachte, zählte er selbst zu seinen bedeutendsten Werken. Verwendet werden Texte aus den Stundengebeten des Offiziums – aus der abendlichen Vesper sowie der Matutin des folgenden Morgens. Die 15 Sätze verbinden die schlichten traditionellen Gesangsarten der russischen Kirchenmusik mit der feinen Satzkunst und der immensen Klangfantasie des Romantikers. Rachmaninow macht sich die religiösen Vorstellungen der liturgischen Texte rückhaltlos zu eigen. Wie alle großen Sakralkomponisten vor ihm erfüllt er die rituellen Vorgaben mit so viel Subjektivität, dass man unmittelbar persönlichen Äußerungen zu lauschen glaubt.
Der lettische Chorleiter Kaspars Putni?š, seit vergangener Spielzeit Chefdirigent des schwedischen Rundfunkchors, hat zahlreiche viel gelobte Platteneinspielungen vorgelegt; er ist aufs Engste vertraut mit der verinnerlichten Spiritualität der Sakralmusik des Ostens von Pärt bis Schnittke.
Konzerttermin: Sonntag, 26. September, 15 Uhr in der St. Sixti-Kirche in Northeim
Programm: Sergei Rachmaninow: Ganznächtliche Vigil op. 37
Eintrittspreise: 16 - 28 Euro
Karten: 0800/456 65 40 (kostenfrei aus dem deutschen Festnetz), Online via www.musiktage.de und am 26. September an der Abendkasse an der St. Sixti-Kirche.
Bei Konzerten der Niedersächsischen Musiktage gelten 3G, ausreichende Sicherheitsabstände zwischen Sitzplätzen und bei Wartesituationen und Maskenpflicht auf dem Weg zum und vom Platz (Änderungen aufgrund des Pandemiegeschehens möglich).
Partner: Kreis-Sparkasse Northeim Ev.-luth. St. Sixti Kirchengemeinde Northeim
Foto: Bas Bogaerts