Dassel (r). Jeder, der schon einmal selbst im Sattel eines Pferdes gesessen hat, weiß, dass bereits der allgemein gebräuchliche Begriff des „Sitzens“ - bei dem man mit Gesäß und Oberschenkeln bei aufgerichtetem Oberkörper auf einer Unterlage ruht - nichts mit der Realität auf dem Pferderücken gemein hat. Christian Deharde, der als Bewegungstrainer EM einen Wochenendkurs als Sitzschullehrgang auf der Reitanlage am Rittergut durchführte, machte dies seinen 10 Absolventinnen in ruhiger und konzentrierter Atmosphäre deutlich.
Der Reitersitz ist das Kommunikationsmittel zwischen Pferd und Reiter. Deswegen muss dieser dynamisch und flexibel anstatt starr und fest sein. Das Ziel, einen zügelunabhängigen, einfühlsamen und schwingenden Sitz zu erreichen, korrespondiert direkt mit der Beweglichkeit der Gelenke des Reiters. Dabei sind Körperspannung und Rumpfstabilität im Sattel entscheidend – denn beides wird benötigt, damit man unabhängig von der Hand das Pferd an seinen Sitz heranführen kann.
Nur wenn der Reiter seine Motorik auf die des Pferdes abstimmt, entsteht ein harmonisches Gesamtbild. Nach einer gemeinsamen theoretischen Einführungsstunde in Orientierung am „6 Punkte Programm nach Eckart Meyners“, sah sich Christian Deharde anschließend im Rahmen einer ersten Bewegungsanalyse das jeweilige Reiter- und Pferdepaar individuell im lockeren Trab an. Dabei prüfte er, ob die Reiterin beweglich genug ist oder es Einschränkungen am eigenen Körper gibt (z.B. Verspannungen, Schmerzen, muskula?re Verku?rzungen, muskula?re Schwa?chen, Gelenkprobleme etc). An diesen wurde dann gemeinsam und intensiv mithilfe unterschiedlichster Methoden gearbeitet, die zumeist auf dem ergonomischeren Sitzhocker Balimo und oder der Gymnastikmatte ausprobiert wurden. Diese Mobilisierungen und wertvollen Tipps immer wieder in kurzen Reprisen auch auf dem Pferderücken nachzuspüren, galt es im jeweiligen Anschluss an die Bodenübungen.
So manches Pferde beäugte dabei seine eigene Reiterin zum ersten Mal aus einem ganz anderen und ungewohnten Blickwinkel: Nämlich athletische Turn-, Koordinations- oder Atemübungen auf einer ziemlich großen blauen Gymnastikmatte mitten in der Reithalle vollführend. Ute Rossmayer sorgte als Betriebsleiterin nicht nur dafür, dass man als Teilnehmerin des Sitzschullehrgangs eine Dreiviertelstunde lang die gesamte Reithalle in aller Ruhe für sich und sein Pferd unter Anleitung des Trainers nutzen durfte, sie begleitete und betreute das gesamte Seminar auch im Hintergrund umfassend. „Auf diese Weise ist es möglich, die Reiter auch im anschließenden und weiterführenden Dressurtraining aufbauend auf den Sitzschullehrgang zu unterstützen und zu fördern“, sagte sie dazu. „Denn Reiten ist lebenslanges Lernen und ein fortlaufender Prozess der Weiterentwicklung.“
Abschließenden stellten die Teilnehmerinnen fest, dass es im Nachhinein tatsächlich merkwürdig anmutet, wenn sich vor dem Reiten niemand aufwärmt, obwohl das in allen anderen Sportarten üblich und notwendig ist. Reitspezifische Übungen, um sich zu dehnen, die Gelenke zu mobilisieren und sich umfassend aufzuwärmen, sollen nun automatisiert in den Alltag integriert werden, um insgesamt der Idealvorstellung eines perfekten Reitersitzes immer ein Stückchen näher zu kommen. Aufgrund der großen Nachfrage führt Christian Deharde einen weiteren Sitzschullehrgang am 19. und 20. Oktober auf der Reitanlage am Rittergut durch. Alle Plätze sind leider bereits ausgebucht, trotzdem sind Interessierte zwischen 11 und 17 Uhr natürlich auf der Reitanlage herzlich willkommen.
Foto: Reitanlage am Rittergut