Goslar (red). Zum ersten Mal sind in der Harzregion mehrere komplexe Krebsoperationen an der Speiseröhre minimalinvasiv mit dem OP-Roboter da Vinci vorgenommen worden - das heißt, für den Patienten besonders schonend, mit der sogenannten „Schlüsselloch-Chirurgie“ mit Hilfe des OP-Roboters, also ohne aufwendige größere Bauchschnitte, um auf diese Weise die krebsbelasteten Speiseröhrenteile zu entfernen. Solche komplexen Krebsoperationen minimalinvasiv und zugleich mithilfe eines da Vinci Roboters sind in Deutschland relativ selten und werden meist nur in großen Universitätskliniken vorgenommen; zudem sind darauf spezialisierte Ärzte erforderlich.

Zur Erinnerung: Das Operationssystem da Vinci® ist erstmals in der Harzregion seit Frühjahr 2022 im Einsatz. Damit verfügt die Asklepios Harzklinik Goslar über die Möglichkeit, für Patient:innen besonders schonende, „minimalinvasive“ Operationen nur mit kleinem Bauchschnitt und mithilfe des Roboters durchzuführen. 

Einer der Patienten, bei dem nun eine solche Speiseröhren-OP mit da Vinci erfolgreich vorgenommen wurde, ist Markus Seidel aus Salzgitter. Seine Geschichte: „Im Frühjahr vergangenen Jahres konnte ich plötzlich nicht mehr schlucken“, erinnert der 55-jährige Maschinenschlosser. Er ließ eine Magenspiegelung vornehmen, erfuhr dabei, dass seine Speiseröhre mit Krebszellen belastet war. Mehrere Monate wurde er zunächst mit Chemotherapie behandelt – inzwischen operiert.  Prof. Dr. med. Tung Yu Tsui, Chefarzt der Klinik für Allgemein-Viszeral- und Thoraxchirurgie in der Asklepios Harzklinik Goslar, ein bundesweit renommierter Experte auf dem Gebiet, leitete die OP. Der Eingriff dauerte rund acht Stunden, dabei wurden fast 70 Prozent der Speiseröhre entfernt. Nach acht Tagen konnte der Patient bereits aus der Klinik entlassen werden. Zunächst muss er noch weiter mit Chemo behandelt werden und regelmäßig zur Nachuntersuchung. „Wir sind sehr zufrieden mit der OP, alles ist bisher gut verlaufen“, sagt Prof. Tsui.

Bislang ist in Deutschland bei solchen Eingriffen noch die große „offene“ Operation in vielen Kliniken Standard: Dabei wird der Bauch geöffnet, aus dem Magen wird ein Schlauch gebildet, der künftig als Ersatz für die Speiseröhre dienen soll. Damit das neue Gebilde platziert werden kann, wird bei diesen Groß-Operationen auch der Brustraum aufgeschnitten. „Ein solcher Eingriff ist viel aufwendiger, dabei können Komplikationen drohen“, sagt Chefchirurg Prof. Tsui.

Bei dem Patienten Seidel hingegen wählte Prof Tsui das komfortablere minimalinvasive Verfahren mit Da Vinci. Vorteile: Der Patient verliert dabei weniger Blut, es gibt keine großen Narben, weniger Schmerzen, weniger Wundheilungsstörungen. „Das Immunsystem wird geschont, dadurch ist eine schnellere Erholung möglich, der Patient kann in der Regel statt nach Wochen schon nach einigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden“, resümiert Prof. Tsui.

„Ich bin sehr dankbar, es ist wunderbar, wie weit die Technik in der Medizin ist und dass es solche Operationen hier bei uns in der Harzregion gibt, ein Glücksfall für mich“, freut sich Patient Seidel, und seine Frau auch. Genau an seinem Geburtstag wurde er operiert. „Ein schönes Geburtstagsgeschenk“, sagt er.                                                                                                  

Nicht alle Chirurgen in Deutschland trauen sich an solche komplexen Operationen mit solcher minimalinvasiven Methode heran, oder haben gar nicht die Medizintechnik dafür. Prof. Tsui, mit spezieller OP-Erfahrung aus seiner früheren Chirurgen-Tätigkeit an der Uni-Klinik, befreite Patient Seidel von seiner kranken Speiseröhre mithilfe von Da Vinci: Wegen der Beweglichkeit der vier Arme in mehrere Richtungen, welche die der menschlichen Hand deutlich übertrifft, wird das System vor allem in Körperregionen eingesetzt, die konventionell weniger gut erreicht werden können, auf engstem Raum.  Mit dem „laparoskopischen“ Eingriff, als sogenannte „Schlüsselloch-Operation“.

Ein großer Bauchschnitt ist hierbei nicht mehr notwendig. Stattdessen erfolgt der Eingriff über mehrere kleinere Öffnungen in der Bauchdecke. Über diese führte Johannes Erbes, Leitender Oberarzt im Team von Prof. Tsui, die Operationsinstrumente und eine Kamera ein. Das Prinzip: Alle vier Arme werden vom Chefchirurgen Prof. Tsui gesteuert -  und zwar an einer Konsole, an der er sitzt, dort kann er den Operationsbereich bis zu 10fach beziehungsweise 40fach vergrößert und in 3-D sehen, dabei feinste Details erkennen. Zugleich überwacht das 3D-Videosystem die Bewegungen. Das System überträgt alle Handbewegungen von Prof. Tsui an der Steuerkonsole in kleinere, präzisere Bewegungen an die winzigen da Vinci-Instrumente im Körper des Patienten.

Foto: Asklepios