Landkreis Northeim (red). „In den vergangenen vierzig Jahren hat Deutschland 95 Prozent seiner Rebhühner verloren. Ein aktuelles Monitoring zeigt: Die meisten Rebhühner gibt es dort, wo sie mit Notfütterungen gefördert werden“, erklärt Jagdaufseher Thomas Fuchs.
Die Ergebnisse des diesjährigen Rebhuhn-Monitorings im Projekt „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern!“ liegen vor. Demnach variieren die mittleren Dichten in den verschiedenen Projektgebieten deutlich. Im Gebiet „Göttingen/nördliches Eichsfeld“ mit vielen Blühflächen leben je 100 Hektar durchschnittlich 2,84 Rebhühner. Im hessischen Projektgebiet „Gießener Land/Wetterau“ sind es mit 4,32 Rebhühnern eineinhalbmal so viele. Den Spitzenwert mit einer mittleren Dichte von 6,23 erreicht das niedersächsische „Wendland“. Im Gebiet „Solling-Vogler“ dagegen wurden je 100 Hektar nur noch 0,42 Rebhühner gezählt.
Fürs Überleben wichtig: Lebensraum, Nahrung und wenige Fressfeinde
„Übertrüge man diesen Wert auf den potenziell infrage kommenden Lebensraum in der Jägerschaft Einbeck, leben dort noch knapp 100 Rebhühner. Selbst unter der optimistischen Annahme, dass um Einbeck Rebhühner in einer Größenordnung des Mittelwerts der Gebiete ‚Solling-Vogler‘ und ‚Göttingen/Unteres Eichsfeld‘ vorhanden wären, kämen wir nur auf knapp 400 Stück“, sagt Jagdaufseher Thomas Fuchs. Er wurde im vergangenen Jahr vom Deutschen Jagdverband für sein umfangreiches Engagement für die Hühnervögel ausgezeichnet.
Für den deutlichen Unterschied der Zahlen in den Projektgebieten sieht er mehrere Gründe: „Erfolgreiche Rebhuhnhege besteht immer aus drei Säulen – Lebensraumverbesserungen, intensive Raubwildbejagung und Notfütterungen“, sagt er.
Auf den Äckern fehlt das Futter
Zugleich weist er darauf hin, dass den Vögeln im Vergleich zu früheren Jahrzehnten nach der Getreideernte heute rund 250 Kilogramm Körner und Sämereien pro Jahr und Hektar fehlen. „Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft liegt die Verfügbarkeit von Futter auf den Äckern heute oft unter dem Futterbedarf der Hühner. Entsprechend mangelt es Rebhühnern an vielfältiger und energiereicher Nahrung“, erklärt Thomas Fuchs eines der Probleme.
In erfolgreichen Projektgebieten wie Wendland und Wetterau dürfen Jäger deshalb ganzjährig Weizen anbieten. Dieses Notangebot verkürzt u. a. die Dauer der Nahrungssuche und senkt die Gefahr, dass die Tiere von Raubwild entdeckt werden. Wichtig ist das vor allem für Hennen in der Brutzeit, denn wenn sie gefressen werden, geht auch ihr Nachwuchs verloren. Sinkt die Zahl der Hennen, kann die Art lokal aussterben.
Jagdbehörden der Landkreise dürfen Ausnahmen zulassen
Das Niedersächsische Jagdgesetz erlaubt die Rebhuhnfütterung derzeit nur in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April. Allerdings können die Unteren Jagdbehörden der Landkreise Ausnahmen zulassen – im Wendland wird das erfolgreich praktiziert. Der dortige Rebhuhnbestand ist bundesweit Spitze.
Im Landkreis Northeim hatte Thomas Fuchs – unterstützt von mehreren Landesjagdverbänden und Wissenschaftlern – bereits vor drei Jahren eine Genehmigung für die ganzjährige Zufütterung beantragt. Bewilligt wurden jedoch lediglich zwei zusätzliche Monate im Frühjahr. Ausgerechnet für die kritische Phase nach der Ernte und in der nassen Jahreszeit, in der Rebhühner viel Energie benötigen, wurde die Notfütterung abgelehnt.
„Es fehlen das Problembewusstsein, das Interesse und die Offenheit für sinnvolle, zielgerichtete Maßnahmen. Aber ich hoffe, dass sich diese Einstellung bei den Verantwortlichen und ihren Beratern im Landkreis bald ändert – und auch die Jägerschaften den Kreisjägermeister in die Pflicht nehmen“, sagt Thomas Fuchs.
Solange die Lebensbedingungen in der Agrarlandschaft nicht ausreichend Futter bieten, sollten Kreisjägermeister und Jagdbehörden diese wirksame Maßnahme zur Stabilisierung der Bestände unterstützen:
„Zuzusehen, wie die Rebhühner im Landkreis immer weniger werden, kann nicht der geeignete Weg sein“, betont er.
Foto: Thomas Fuchs