Uslar-Fürstenhagen (red). „Die Anderen müssen auch erstmal durchkommen“, sagte Paul Reumschüssel sichtlich erschöpft, als er gegen 23 Uhr nach zweieinhalb Stunden Fahrt seine spanische Trial-Maschine im Ziel des 22. ADAC Nacht-Trial des MSC Weser-Solling abstellte. Mit seiner vorsichtigen Hoffnung auf den Sieg lag der 24-Jährige aus Steinbach-Hallenberg am Ende richtig. Der Thüringer gewann mit drei Fehlerpunkten Vorsprung nach spannendem Wettkampf vor Rodney Bereiter (20) aus Michelstadt und dem Meisterschaftsführenden Joschka Kraft (22) aus Aschaffenburg.
In der Eliteklasse der Frauen siegte bei wechselhaftem Wetter vor 1.300 Zuschauern Seriensiegerin Vivian Wachs (24) aus Frammersbach mit vier Punkten Vorsprung vor Sophia Reumschüssel (23) aus Neunkirchen. Den dritten Platz sicherte sich Nacht-Trial-Titelverteidigerin Theresa Angst (27) aus Winningen.
Die Fahrt durch die sieben Sektionen auf der Motor- und Radsportstrecke oberhalb von Uslar-Fürstenhagen fand für die 19 Pilotinnen und Piloten unter schwierigen Bedingungen statt. Kurz vor dem Start um 20.30 Uhr setzten Regenschauer ein, die erst gegen Ende der drei Runden nachließen. Mit zunehmender Fahrtdauer trugen die Reifen der 70 Kilogramm leichten Geländemaschinen den Schlamm auf die bis zu 2,20 Meter hohen Hindernisse aus Sandstein.
„Die letzte Runde war noch einmal deutlich schwieriger. Ich habe zum Ende zwei Patzer gehabt, und es wurde noch eng. Es war sehr anstrengend. Normalerweise bin ich um diese Zeit schon im Bett“, zog Sieger Paul Reumschüssel vom ADAC Hessen-Thüringen nach einem langen Abend lächelnd Bilanz.
Der Werkzeugmechaniker profitierte auch von seinem guten Zeitmanagement in den langen Geländesektionen, für die eine maximale Fahrzeit von 90 Sekunden galt. So gelang es ihm in der zweiten Runde nach einem Hakler kurz nach Einfahrt in den siebten Abschnitt, den Zeitverlust zwischen am Hang liegenden Felsbrocken wieder aufzuholen und die Vorderachse seiner TRRS sekundengenau über die Ziellinie der Sektion fliegen zu lassen.
Auch Siegerin Vivian Wachs musste im Gelände kämpfen: „Es war rutschiger als ich dachte, und meine Konkurrentin Sophia Reumschüssel hat ordentlich Druck gemacht. Aber es war schön mit den vielen Zuschauern, das hat richtig Spaß gemacht“, sagte die GasGas-Pilotin beim Sieger-Interview.
Ein großes Kompliment für die Nacht-Trial-Fans gab es auch von Jonas Schulze, dem ersten Vorsitzenden des MSC: „Wir hätten nie erwartet, dass bei diesem Wetter 1.300 Zuschauer zur Strecke kommen und dieses Trialfest mit uns feiern. Rund um das Nacht-Trial ist in unserer Region über die Jahre eine einmalige Fanbase entstanden. Das macht uns sehr stolz. Das gilt auch für die Unterstützung, die wir vor Ort erhalten. Unser Dank geht an das DRK Uslar, an das THW Bad Lauterberg, die Freiwillige Feuerwehr Fürstenhagen und an die weiteren lokalen Partner, die uns unterstützen. Viele tun dies nur im Hintergrund. Ohne sie könnten wir so eine große Veranstaltung niemals meistern“, sagte Schulze, der selbst als Punktrichter in der Sektion unterhalb der Vereinshütte im Einsatz war.
Das Schlusswort hatte gegen Mitternacht Altmeister Mirko Kammel (33) vom MSC Brake. Der ehemalige Deutsche Meister und Nacht-Trial-Sieger von 2013 war auf seiner Electric Motion als einziger Pilot elektrisch unterwegs und band dem MSC Weser-Solling kurz vor Mitternacht noch einen verbalen Blumenstrauß: „Das Nacht-Trial in Fürstenhagen ist das schönste Motorrad-Trial in Deutschland“, sagte er.
Ergebnis 22. ADAC Nacht-Trial des MSC Weser-Solling e.V. Uslar-Fürstenhagen
Klasse 1 Männer – Strafpunkte
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Paul Reumschüssel – MSC Freier Grund e.V., ADAC Hessen-Thüringen e.V. – 20
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Rodney Bereiter – AMC Idstein e.V., ADAC Hessen-Thüringen e.V. – 23
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Joschka Kraft – MSC Welschensteinach im ADAC e.V., ADAC Südbaden e.V. – 27
Klasse 1F Frauen – Strafpunkte
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Vivian Wachs – MSF Frammersbach e.V., ADAC Nordbayern e.V. – 25
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Sophia Reumschüssel – MSC Freier Grund e.V. – 29
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Theresa Angst – AC 1927 Mayen e.V., ADAC Mittelrhein e.V. – 45
Das ADAC Nacht-Trial des MSC Weser-Solling in Uslar-Fürstenhagen
Trial-Piloten sind die Akrobaten und Kletterer des Motorradsports. Beim Trial gewinnt, wer mit seinem Motorrad schwierige Geländeabschnitte fehlerfrei meistert. Mit Körperbeherrschung und Gespür für die millimetergenaue Linie suchen Trialfahrer den besten Weg über mannshohe Hindernisse und die perfekte Einheit mit ihrem 70 Kilogramm leichten Motorrad. Bodenkontakt mit den Füßen gibt Strafpunkte. Geschwindigkeit spielt keine Rolle, es gibt nur ein Limit für die Fahrzeit. Trial ist die hohe Schule des Motorradfahrens. Beim ADAC Nacht-Trial in Fürstenhagen entsteht dank Flutlicht zusätzliche Spannung und Atmosphäre. Sieben Geländesektionen nehmen die Piloten in Angriff. Der Aufbau ist kompakt. Nur wenige Minuten Fußweg liegen zwischen den zahlreichen Zuschauerpunkten. Seit 2023 ist auch die Frauenklasse am Start.
Fotos: Krummacker, Spannuth